Die OECD BEPS Rahmenbedingungen: Base Erosion and Profit Split

Dieser Text stellt mit einigen Ergänzungen das Kapitel 3 der Buchpublikation des Autors dar: „Die dritte Dekade – Verrechnungspreise & Gewinnabgrenzung im 21. Jahrhundert“ (ISBN 978-3-9822728-1-8), erschienen im Verlag Markus Brem Group. Das Buch ist Teil der Schriftenreihe „Gesellschaft im Wandel“. Dieser Textbaustein gibt eine Übersicht zum OECD BEPS Projekt mit Bezug auf Verrechnungspreise.

1 Neustrukturierung des Internationalen Steuerrechts
Ein wesentlicher Auslöser der teils realisierten, teils noch anstehenden Anpassungen von gewinnsteuerlichen Vorschriften mit Bezug auf Verrechnungspreissysteme stellen die Rahmenbedingungen aus dem G20 / OECD BEPS Projekt dar. BEPS steht für Base Erosion and Profit Shifting. Mit diesem Projekt möchte ein großer Teil der Staatengemeinschaft einen Riegel vorschieben gegen das Erodieren von steuerlichen Bemessungsgrundlagen für die Gewinnbesteuerung sowie das Verlagern von Gewinnen. Neben den OECD Mitgliedsstaaten haben sich viele weitere Staaten – derzeit sind es 139 – den Grundüberlegungen und dem seitens der OECD vorgeschlagenen Modell des Inclusive Frameworks angeschlossen. Dabei geht es um viel: 240 Mrd. US-Dollar verlieren die Steuerstaaten laut OECD aufgrund der Steuervermeidung von Unternehmen.
Ausführliche, gut strukturierte Informationen stellt die OECD für den Praktiker auf ihrer Internetseite bereit:
http://www.oecd.org/tax/beps/beps-actions/
Insgesamt 15 BEPS Aktionspläne (BEPS Action Plan) wurden in einem mehrjährigen Prozess in den entsprechenden Working Parties unter Einbezug der Mitgliedsstaaten, assoziierter Staaten, wissenschaftlicher Einrichtungen, der Beratungsindustrie sowie anderer Experten definiert. Diese wurde seit Herbst 2015 mit dem Final Report vorgestellt (OECD 2015 Final Report, 05.10.2015) und weiter präzisiert. Nachfolgend finden sich die Einzelpläne aufgelistet.

Tabelle 1: G20/OECD BEPS Action Plans
A

Nr.	Name	English	Deutsch
Action 1	Tax Challenges Arising from Digitalisation	Challenges for the taxation of the digital economy	Herausforderungen für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft
Action 2	Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements	Neutralising the effects of hybrid mismatch arrangements	Neutralisierung der Effekte hybrider Gestaltungen
Action 3	Controlled Foreign Company	Strengthening of the rules on additional taxation (so-called CFC rules)	Stärkung der Vorschriften zur Hinzurechnungsbesteuerung (sog. CFC-Regeln)
Action 4	Limitation on Interest Deductions	Limitation of profit reduction by deducting interest or other financial expenses	Begrenzung der Gewinnverkürzung durch Abzug von Zins- oder sonstigen finanziellen Aufwendungen
Action 5	Harmful Tax Practices	Combating harmful tax practices more effectively, considering transparency and substance	Wirksamere Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken unter Berücksichtigung von Transparenz und Substanz
Action 6	Prevention of Tax Treaty Abuse	Prevention of tax treaty abuse	Verhinderung von Abkommensmissbrauch
Action 7	Permanent Establishment Status	Preventing the artificial avoidance of permanent establishment status	Verhinderung der künstlichen Umgehung des Status als Betriebsstätte
Action 8-10	Transfer Pricing	Ensuring the correspondence between transfer pricing results and value creation	Gewährleistung der Übereinstimmung zwischen Verrechnungspreisergebnissen und Wertschöpfung
Action 11	BEPS Data Analysis	Measurement and monitoring of profit reduction and profit shifting	Messung und Monitoring von Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung
Action 12	Mandatory Disclosure Rules	Obligation of taxpayers to disclose their aggressive tax planning models	Verpflichtung der Steuerpflichtigen zur Offenlegung ihrer aggressiven Steuerplanungsmodelle
Action 13	Country-by-Country Reporting	Revision of the transfer pricing documentation	Überarbeitung der Verrechnungspreisdokumentationen
Action 14	Mutual Agreement Procedure	Improving the effectiveness of dispute settlement mechanisms	Verbesserung der Wirksamkeit von Streitbeilegungsmechanismen
Action 15	Multilateral Instrument	Development of a multilateral instrument	Entwicklung eines multilateralen Instruments

Quelle: GTP / eigene Zusammenstellung aus http://www.oecd.org/tax/beps/beps-actions/.

Die OECD kann zwar mit diesen Aktionsplänen und den einzelnen Dokumenten lediglich eine Empfehlung an die OECD Mitgliedsstaaten aussprechen – im Unterschied zur Europäischen Union, bei der die EU Directives (EU Richtlinie) verpflichtend für die nationale Umsetzung auf Ebene der Mitgliedsstaaten ist. Aber dennoch wirken die Guidelines wesentlich auf die Nationalstaaten und die Akteure des Internationalen Steuerrechts.

Auch das OECD Musterabkommen zu Doppelbesteuerungsabkommen (OECD Model Tax Treaty) oder die OECD Transfer Pricing Guidelines haben nur Empfehlungscharakter und keine rechtsverbindliche Wirkung. Im Übrigen können die nationalen Finanzbehörden mit ihren Verwaltungsgrundsätzen auf die OECD Dokumente Bezug nehmen und sogar als maßgeblich definieren wie dies beispielsweise mit dem BMF-Schreiben IV B 5 – S 1341/0 :003 v. 05.07.2018 (Umlageverträge) stattfand. Mit diesem Schreiben legt das BMF fest, dass nicht mehr das eigene BMF-Schreiben zu Umlageverträge aus dem Jahr 1999 maßgeblich bei der Prüfung von Umlageverträgen sein soll, sondern die Grundsätze des Kapitels VIII der OECD Transfer Pricing Guidelines 2017.

2 BEPS Action Pläne und Regelwerke in Deutschland
Auf dem Gebiet der Verrechnungspreise sind es nun insbesondere die Aktionspläne 13 „Dokumentation“ und 8-10 „Transfer Pricing“, die der Praktiker im Blick haben sollte.
Für den Steuerstaat Bundesrepublik Deutschland finden sich die wichtigsten Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Transfer Pricing in folgenden Gesetzen und Rechtsverordnungen (Vorschriften zu Finanzgerichtsverfahren sind hier nicht genannt):

Tabelle 2: Gesetze und Verordnungen in Deutschland zu Verrechnungspreisen

Kurzform	Name	Gesetz / Verordnung	Letzte Änderung
AO	Abgabenordnung	Gesetz	12.08.2020
AbzStEntModG	Abzugssteuerentlastungs modernisierungsgesetz	Gesetz	08.06.2021
AStG	Außensteuergesetz	Gesetz	25.03.2019
ATADUmsG	Anti Tax Avoidance Directive Umsetzungsgesetz	Gesetz (Entwürfe)	04.06.2021
BGB	Bürgerliches Gesetzbuch	Gesetz	16.10.2020
BsGaV	Betriebsstättengewinn aufteilungsverordnung	Verordnung	13.10.2014
EStG	Einkommensteuergesetz	Gesetz	12.08.2020
FVerlV	Funktionsverlagerungs verordnung	Verordnung	26.06.2013
GAufzV 2003	Gewinnabgrenzungs aufzeichnungs-Verordnung	Verordnung	13.11.2003
GAufzV 2017	Gewinnabgrenzungs aufzeichnungs-Verordnung	Verordnung	20.12.2016
KStG	Körperschaftsteuergesetz	Gesetz	21.12.2019

Quelle: GTP / eigene Zusammenstellung aus www.gesetze-im-internet.de Seiten des Bundesamts für Justiz.

Wichtige gesetzliche Regelung sind in den letzten Wochen in Deutschland vom Bundestag in der noch laufenden Legislaturperiode verabschiedet worden, insbesondere das ATADUmsG und das AbzStEntModG. Entsprechende Rechtsverordnungen werden zeitnah folgen genauso wie die begleitenden Verwaltungsgrundsätze bzw. die BMF-Schreiben und natürlich im Gefolge später Gerichtsurteile zu einschlägigen Streitfällen.

3 BEPS & Praxis
Die BEPS-Rahmenbedingungen haben sicherlich ein Umdenken in der Verrechnungspreispraxis ausgelöst: nicht nur im Großkonzern, sondern auch in mittelständisch geführten kleinen Unternehmensgruppen bekommt der Bereich der „Verrechnungspreise“ einen besonderen Stellenwert. Ein laxer Umgang oder eine fehlende Beschäftigung mit Verrechnungspreisen genügt eindeutig nicht mehr für die betroffenen Steuerpflichtigen, aber auch für Berater.

Eine unzureichende Beachtung der steuerlichen Aspekte von Verrechnungspreissystemen fällt den Entscheidungsträgern schon heute auf auf die Füße, wenn es zur steuerlichen Betriebsprüfung kommt, insbesondere wenn im Ausland hohe, zweitstellige Gewinnraten bei den dortigen nahestehenden Personen beobachtbar sind. Dies wird in den kommenden Jahren an Bedeutung zunehmen.

Insbesondere solche steuerlichen Berater, die nur wenige Mandanten mit Verrechnungspreisfällen haben, sollten versuchen die Sachverhalte beim Mandanten zu erkennen und einer Relevanzprüfung zuzuführen.